Woher nehmen Sie persönlich die Kraft für Ihren Einsatz?
Wenn es auch viele Menschen heute nicht mehr verstehen können oder wollen, ich will es dennoch sagen. Ich kämpfe weiter, weil ich darin den Auftrag Gottes sehe. Ich bin Christ und dazu noch Bischof! Ich möchte meiner Berufung treu bleiben. Ich versuche aus dem Evangelium zu leben und weiß, dass mir Gott die nötige Kraft schenkt. Davon bin ich überzeugt und das genügt. Trotz aller Probleme und Schwierigkeiten, trotz allen Leids, aller Nöte, aller Schmerzen, aller Rückschläge und Anfeindungen, die ich immer wieder erleben musste, habe ich nie am „Sinn” meines Einsatzes gezweifelt oder bin in Versuchung gekommen, alles hinzuschmeißen. „Ich glaube an die Macht der Liebe”, so schrieb ich einmal in einem Weihnachtsbrief.
Sie stehen jetzt wieder unter Polizeischutz. Fühlen Sie sich dadurch sicherer?
Zunächst möchte ich klarstellen. Ich habe nie die Sicherheitsbehörden um Polizeischutz gebeten. Die Entscheidung wurde gefällt, ohne meine Meinung zu hören. Im Gegenteil. Ich wollte entschieden darauf verzichten. Aber da wurde mir wörtlich mitgeteilt: „Die Sicherheitsbehörden sind verantwortlich für die physische Integrität des Bischofs vom Xingu”. Ob ich mich dabei sicherer fühle? Ich bin heute überzeugt, dass alle, die mich bedroht oder angegriffen haben und dies auf irgendwelche Weise weiterhin tun, wissen, dass ich unter Polizeischutz stehe. Eine Einschüchterung dieser Leute ist damit sicher erreicht worden. Immerhin gibt es bereits solche, die Kontakt mit dem Bischof suchen, weil sie die aktuelle Situation als „ungut” und auch für sie „belastend”, ja „untragbar” bezeichnen, kurz, sie nicht mehr aushalten. Inwieweit diese Annäherungsversuche ernst zu nehmen sind, kann ich nicht abschätzen. Auch weiß ich nicht, was hinter den Kulissen gespielt wird und welche Pläne da ausgeheckt werden. Jedenfalls ist nach wie vor alle Sorgfalt geboten. Viele meinen, es handle sich um Psychoterror: „Diese Leute wollen den Bischof mürbe machen, in eine Depression jagen, ihn zum Aufgeben zwingen” argumentieren sie. Andere wieder mahnen zur äußersten Vorsicht, denn es sei hier nicht schwer, einen Berufskiller anzuheuern, der den Mordbefehl um einen bestimmten Geldbetrag ausführt und für den es dann egal ist, ob es sich um einen Bischof, einen Familienvater, eine Frau aus einem Menschenrechtskomitee oder sonst wen handelt. Beispiele in diese Richtung gibt es in Amazonien leider allzu viele.
Was können wir für Sie tun?
In der Apostelgeschichte gibt es einen ergreifenden Abschnitt, der als „Gebet der Urgemeinde um Furchtlosigkeit” (Apg 4,23–31) überschrieben ist. Die Mächtigen haben Petrus und Johannes bedroht, dann aber mit Rücksicht auf das Volk freigelassen. „Nach ihrer Freilassung gingen sie zu den Ihren und berichteten alles, was die Hohenpriester und die ältesten zu ihnen gesagt hatten”. Die versammelte Gemeinde erhob darauf einmütig ihre Stimme zu Gott und flehte zum Himmel: „Herr, sieh auf die Drohungen und gib deinen Knechten die Kraft, mit allem Freimut dein Wort zu verkünden”. Ich denke, was wir hier alle brauchen, ist dieses geschwisterliche Gebet, damit wir immer wieder die Kraft und die Gnade erhalten, „mit allem Freimut” trotz aller Widerwärtigkeiten das Wort zu verkünden und uns für die Schwestern und Brüder einzusetzen.
Im Mai findet in Brasilien die 5. Vollversammlung der Lateinamerikanischen Bischofskonferenzen statt. Dazu wird auch Papst Benedikt kommen. Was erwarten Sie sich von der Konferenz und vom Papstbesuch?
Das ist ein anderes, sehr umfassendes Thema, das ich nicht mit ein paar Sätzen erledigen will. Darüber also ein andermal!